Dieser
„Spionageroman aus dem zweiten Weltkrieg“ (so der Untertitel des
Buchs) erscheint nur ein Jahr nach Kriegsende, dürfte also noch
während dem historischen Ereignis selbst geschrieben worden sein.
Die Handlung spielt denn auch mitten im zerbombten Nazideutschland,
als sich die drohende Niederlange bereits deutlich abzeichnet, auch
wenn es das Regime offiziell nicht wahrhaben will und deshalb umso
drastischer gegen Abtrünnige und Landesverräter vorgeht und die
Kriegspropaganda mit Falschnachrichten (fake news!) weiter vorantreibt, während
sich im Untergrund der konspirative Widerstand formiert.
Jimmy
Collins, angeblich ein amerikanischer Reporter, doch wie sich rasch
zeigt vielmehr die Verkörperung des amerikanischen Superhelden,
lässt sich von Zürich aus nach Deutschland einschleusen, weil er
sich eine gute Story vor Ort verspricht. Er nimmt Kontakt zum
organisierten Widerstand auf und gelangt so von Bamberg nach Berlin,
wo er im Haus von General Hammerbach unterkommt, der – was zwar
noch geduldet, ihm später aber zum Verhängnis wird – mit einer
Jüdin namens Valerie verheiratet ist. Es entspricht der zwingenden
Logik des Trivialromans, dass es zwischen der attraktiven Valerie und
dem amerikanischen Beau zu knistern beginnt.
Doch
Collins hat auch ein Auge auf Ilse geworfen, ein junges, nicht
unhübsches aber im Unterschied zur weiblich gereiften Valerie
reichlich burschikoses Nazimädchen, das von Goebbels persönlich in
Dienst genommen wird. Nicht ohne Absichten freilich. Nur der
tägliche Kontrolldienst, den er aufgrund der prekären politischen
Lage selber angeordnet hat, kann ironischer Weise verhindern, dass
Goebbels ihr tatsächlich an die Wäsche geht. Zudem ist Ilse mit
Fritz Kurz verlobt, einem aufstrebenden ehrgeizigen Nazi-Soldaten, der
ausgerechnet auf die Spur von Collins gesetzt wird, da man in ihm –
wie sich am Ende herausstellen wird: vollkommen zurecht – einen
amerikanischen Spion vermutet. Kurz, der in diesem Auftrag seine große Chance wittert, ist skrupellos und geht über Leichen. So
foltert er Ilses Vater zu Tode, um den Aufenthalt von Collins
herauszufinden.
Ilse,
die von Kindesbeinen nichts anderes als den Nationalsozialismus
kannte, ist fortan hin- und hergerissen zwischen der Brutalität
ihres Verlobten, der ihrem ideologisch deformierten Weltbild zufolge
aber für die richtige Seite kämpft, und und dem deklarierten
Staatsfeind Collins, dessen Charme sie gleichwohl nicht widerstehen
kann. Ihr Gefühl deutet ihr jedoch zusehends an, dass der
Amerikaner wohl die Wahrheit und ihr Verlobter die Lüge und
Bestialität des Naziregimes verkörpert. Damit wäre eigentlich der
Spannungsbogen errichtet, der einen emotionsgeladenen Machtkampf
zwischen Gut und Böse verspricht.
Doch
Kurz wird bereits in der Mitte der Geschichte überraschend während
eines Bombenangriffs außer Gefecht gesetzt. Wie durch einen deus es
machina wird dadurch der direkte Antagonist von Collins
ausgeschaltet, was die Situation wenigstens kurze Zeit für diesen
entscheidet. Aber immerhin gibt es noch größere Aufgaben zu
bewältigen: nämlich die Verhinderung der neusten Vergeltungswaffe,
der V4-Rakete, mit der die Nazis einen Angriff auf Amerika planen.
Collins begibt sich zusammen mit deutschen Widerstandsaktivisten nach
Dresden, um an geheime Pläne der Herstellungszentren zu gelangen. Mit
Sprengstoffkommandos hofft er, die Standorte vor dem Abschuss der
Rakete auszulöschen.
Der
spektakuläre Showdown spielt sich dann vor der Kulisse des
Bombenhagels ab, der die kulturell bedeutsame Stadt in Schutt und
Asche legen wird. In Dresden trifft Collins wieder auf Ilse und Kurz,
der unter Vortäuschung einer Erblindung sich nicht nur am Verführer
seiner Freundin rächen, sondern überhaupt für die offenkundige
Niederlage der Nazis exemplarisch am amerikanischen Gegner Vergeltung
üben will. Hier zeigt die nationalsozialistische Ideologie nochmals
ihre hässliche Fratze, bevor Kurz – fast simultan zum Einmarsch
der Alliierten – endgültig kapitulieren muss. Als bittere Pointe
zeigt sich dann aber, dass Collins zur Zerstörung von Dresden selbst
beigetragen hat, weil sich eine der zu vernichtenden Montageanlagen
der V4-Rakete just im dortigen „Großen Garten“ befand.
Der
Titel des Romans bezieht sich übrigens auf den Geheimcode, mit dem
Collins vor der Verfolgung durch die Gestapo gewarnt werden sollte.
Doch wird ihn die chiffrierte Botschaft nie erreichen. Der Agent B
24, der sie übermitteln soll, wird schon auf S. 40 Opfer einer
Razzia von Gestapobeamten. Mit dem Tod des Agenten spielt auch die
Botschaft keine weitere Rolle mehr. Als Leser erfährt man nur, dass
sie im ganzen „hundertundfünf Worte“ umfasste. Der genaue Inhalt
bleibt ungewiss. Und so muss es beim Verdacht (der sich im Verlauf
der Lektüre allerdings rasch zur Gewissheit steigert) bleiben, dass
Collins in Tat und Wahrheit tatsächlich ein verdeckter Agent und nur
zur Tarnung ein Journalist war. Anders ist es auch nicht zu erklären,
weshalb Collins zum Schluss sagt, dass er – obwohl seine Erlebnisse
eine gute Story versprechen, „nicht darüber schreiben durfte“.
Darüber
geschrieben hat hingegen Curt Riess (1902-1993), der – wie der Verlagsanzeige
zu entnehmen ist – im amerikanischen Exil ein äußerst produktiver
Autor von anti-faschistischen Kolportageromanen war mit Titeln wie „I
WAS A NAZI FLIER“, „THE INVASION OF GERMANY“ oder „THEN NAZIS
OF UNDERGROUND“. Seine realitätsgesättigten Kenntnisse erwarb Riess als
Kriegsberichterstatter der US-Army. Diese dokumentarische, aber auch
zeitliche Nähe zum aktuellen Kriegsgeschehen machten die Romane
damals zu einer fesselnden Lektüre (vergleichbar bspw. mit zeitnahen cineastischen Darstellungen von 9/11). Heute liegt der
historische Wert des Romans vorwiegend darin, dass es sich um eine –
wohl für so viele spätere Adaptionen – literarische Quelle erster
Stunde handelt.
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