Diese
Memoiren des rumänischen Gentleman-Verbrechers und Hochstaplers
Georges Manolescu haben Thomas Mann zu seinem Roman Die
Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull inspiriert. Manolescu
schildert mit Lakonie und entwaffnendem Ehrgefühl seine Karriere als
Betrüger. Wie bei allen Hochstaplern so sind auch Manolescus
Betrügereien bloß Mittel zum Zweck. Sein designiertes Ziel ist der
soziale Aufstieg in die bessere Gesellschaft. Umsetzen will er diesen
„Wunsch nach Luxus und Glanz“ durch eine reiche Heirat, wozu er
sich aber erst ein Startkapital erwirtschaften muss. Bevor er als
Heiratsschwindler in Erscheinung treten kann, betätigt er sich
zunächst als Juweliers- und Hoteldieb quer durch Europa, um „endlich die spröde Fortuna in [s]eine Arme zu schließen“. Auch im
Casino versucht er sein Glück mehrmals, verliert dort aber sein Geld schneller, als er es sich
durch weitere krumme Touren wieder beschaffen kann.
Ohnehin
ist der Betrüger öfters auch der Betrogene. Er wird von Frauen
hintergangen und landet für kurze Zeit mehrfach im Gefängnis.
Zuletzt wird er von der Polizei bei einer Großfahndung geschnappt
und zu einem langjährigen Strafaufenthalt verdonnert. Er versucht
durch simulierten Wahnsinn dem Kerker zu entgehen, gerät dabei aber
vom Regen in die Traufe, nämlich in die geschlossene Berliner
Irrenanstalt Herzberge, aus der es angeblich kein Entrinnen gibt.
Manolescu – der seit seiner „zartesten Jugend“ das Wort
„unmöglich“ aus seinem „Wörterbuch“ gestrichen hat –
gelingt jedoch die Flucht aus der Anstalt, begeht seinen letzten Coup
in Dresden, um sich mit der Beute über die Landesgrenze in Freiheit zu setzen.
Über diverse Umwege trifft er schließlich in New York ein, wo er sich mit
ehrlicher Arbeit eine neue Existenz aufbaut.
Manolescu
erzählt keine Erfolgsgeschichte, sondern den sukzessiven Niedergang
seiner Hochstapelei – trotz erheblichem Geschick in List und Trug.
Das erklärt den Titel „Gescheitert“ und macht Manolescu als
Antihelden sympathisch. Er agiert nicht aus Schadenfreude oder
Niedertracht betrügerisch, sondern weil sich in der modernen
Gesellschaft genug blauäugige Bauernopfer finden. Sein Motto lautet:
„Mundus vult decipi, oder deutsch: Die Dummen werden nicht alle.“
Die Welt will betrogen sein – so lautete bereits die Maxime im
barocken Schelmenroman Die drei ärgsten Erznarren (1672) von
Christian Weise. Tatsächlich besitzt der Hochstapler mit der
Frivolität, wie er sich über soziale Konventionen hinwegsetzt,
gewisse Charakterzüge des Pikaro. Er ist schlau, gewandt und weiß sich zu seinem Vorteil in der Welt zu behaupten. Insofern ist er auch
eine sozialkritische Figur, weil er durch seine trügerische Mimikry
den falschen Schein der Gesellschaft entlarvt.
Der
eigentliche Witz dieser Memoiren besteht aber darin, dass sie nur
bedingt der Wahrheit entsprechen. Vielmehr setzt Manolescu seine
Hochstapelei auch als Autor fort. Ja mehr noch: Er bescheinigt sich
eine Genialität als Langfinger und sozialer Blender, die er in Tat
und Wahrheit gar nicht besaß. Wie der Kriminalpsychologe Erich
Wulffen nachgeprüft hat, war Manolescu ein höchst mittelmäßiger Scharlatan, der kein besonderes Renommee besaß. Den Ruf des genialen
Meisterdiebs erschrieb er sich also förmlich bzw. erschwindelte sie mit
den Mitteln der Literatur. Erst durch die in Deutschland äußerst erfolgreiche Buchpublikation wurde er zu dem
„Jahrhunderthochstapler“, als der er heute noch bekannt ist.
Dabei hatte sein Verleger, der den auf Französisch diktierten Text
rasch und relativ frei auf Deutsch übersetzen ließ, ein hohes
kommerzielles Interesse an den Memoiren, die gut dem damaligen
Publikumsinteresse nach dem Typus des Edelverbrechers (wie Raffles in England oder Arsène Lupin in Frankreich) entsprachen. Der
Verkaufserfolg gab ihm recht und verschaffte Manolescu, so paradox es
klingen mag, eine bloß angetäuschte Karriere als Hochstapler.