Bukowski ist eine Legende. Der Hemingway der Unterschicht und Underdogs. Sein Moniker Henry Chinaski ist hart im Nehmen und nie maulfaul. Einer der abgefuckten Typen, die man im realen Leben eher meidet, in Bukowskis literarischer Darstellung jedoch sofort alle Sympathien entgegenfliegen. So unbekümmert möchte man sich auch durchs Leben schlagen, wenn man nur den nötigen Mumm dazu hätte. Chinaski machts vor und ist dabei fortwährend er selbst, verbiegt sich in keiner Sekunde.
Post Office - auf Deutsch unter dem Titel Der Mann mit der Ledertasche erschienen - war Bukowskis erster Roman, in dem er seine 11jährige Leidenszeit als Briefsortierer beim United States Postal Service verarbeitete. Aus der Ich-Perspektive erzählt sein alter Ego Henry Chinaski, wie er als Aushilfspostbote anfing und sich schliesslich als regulärer Postbeamte bewährte, trotz periodischer Verweise und Ermahnungen wegen seiner Unpünktlichkeit, seiner Trunksucht und seines unsteten Lebenswandels.
Ironisch stellt Bukowski seinem Roman die offizielle Deklaration des "Berufsethos" der amerikanischen Post voran, die auf absolute Integrität ihrer Mitarbeiter pocht. Dem entspricht Chinaski natürlich nicht im Geringsten. Er kümmert sich keinen Deut um seine Reputation und vor unsinnigen Vorschriften und selbstgefälligen Autoritäten hat er schon gar keinen Respekt, erst recht nicht wenn diese ihre Position ausnutzen, um die Angestellten zu schikanieren.
Chinaski lässt sich von nichts und niemandem kleinkriegen. Er ruht in seiner Prolo-Attitüde (Rennbahn, Beischlaf, Alkohol) gewissermassen stoisch in sich selbst. Egal, ob er bei strömendem Regen die Post verteilen muss, einer Nymphomanin zum Opfer fällt, fast von einem Christbaum erschlagen oder von Büffeln über die Weide gejagt wird, stets bewahrt er Haltung und wirkt völlig ernüchtert - wenn dieser Ausdruck beim ständig verkaterten Chinaski nicht total unangebracht wäre.
Wie Hemingway so ist auch Bukowski ein Autor des knappen Stils. Die Sprache ist auf das Äusserste reduziert, gewinnt aber gerade dadurch ihren spröden, sarkastischen Charme. Der böse Witz teilt sich - trotz aller derben Direktheit - oft zwischen den Zeilen mit. In den Leerstellen, dem Ungesagten. So gelingen bei Bukowski selbst abgedroschene Metaphern, die bei anderen Autoren sofort in Kitsch abstürzen würden, wie der Vogel im Käfig, der ganz zum Schluss als Allegorie für die 11 Jahre Frondienst bei der Post aufgerufen wird.