Catull
besang ihn in seinen mentula carmina, Goethe nannte ihn
„Meister Iste“ und bei Gerhard Zwerenz taucht der „Kleine Herr“
sogar im Buchtitel auf; aber dass er gleich, wie bei Luigi Malerba,
zum Protagonisten eines ganzen Romans erkoren wird, dürfte wohl eine
einmalige Angelegenheit sein. Selbst der "Penismonolog" von Blumfeld kann das nicht toppen. Auf die pennälerhafte Idee muss man auch erst einmal
kommen, ein membrum virile nicht nur zum Hauptdarsteller einer
Geschichte, sondern erst noch zum Erzähler zu wählen.
Der
Protagonist, von dem hier die Rede ist, gehört zum „Boss“ - so
nennt er seinen stolzen Besitzer, dessen sexuelle Abenteuer er kommentiert und berichtet. Der
Boss ist Funkamateur und lässt ab und zu schon mal den Protagonisten
als Antenne über den Dächern Roms ausfahren, derweil vorbeieilende
Nonnen entstetzt das Kreuz schlagen müssen. Der Boss funkt, um junge
„Fräulein“ zu finden, die er in seine Wohnung (die „Höhle“) locken will,
um dort in ihren „Garten“ zu dringen. Mit Elisabella hat er schließlich Glück, sie lässt sich auf ein solches Schäferstündchen ein und wartet nur darauf, dass die geladene "Pistole" des Bosses endlich, wie er ständig in Aussicht stellt, zum "Schuss" gelangt.
Doch
da zeigt sich die Misere hinter dem ostentativen Geprotze des Bosses: Er schafft
es nicht, den Protagonisten zu seiner zugedachten Rolle zu verhelfen.
Dieser rühmt sich zwar, nicht unbescheiden, als das aristotelische „Bewegende
Organon“ zu gelten - doch beim Boss bewegt sich leider gar nichts, zumindest nicht in Gegenwart von Elisabella. Der Grund liegt, wie sich allmählich zeigt, in in den seltsam abnormen, ja abartigen Neigungen des Bosses. Dass es ihm mitunter gefällt, den
Protagonisten in einen warmen Heizkörper zu stecken, mag noch
angehen. Dass er dasselbe Verlangen aber auch bei öffentlichen
Reiterdenkmälern, einer Mumie und – horribile dictu – einem
toten Walfisch verspürt, ist an Perversion kaum zu überbieten.
Malerba
scheint mit seinem dritten Roman tatsächlich die Grenzen des guten
Geschmacks mehr als nur ausloten zu wollen. Man kann den Roman auch
als Neuinterpretation der menippischen Satire verstehen, welche durch
einer Verschiebung bzw. Verfremdung der Perspektive eine groteske
Realität entwirft. Die Perspektive des Protagonisten ist naturgemäß diejenige
von unten. Sie nimmt die angebliche Gewohnheit vieler Männer auf,
mit ihrem besten Stück zu sprechen, es zu individualisieren und
Namen zu geben. Hier ergreift dieser treue Begleiter tatsächlich einmal das Wort und
liefert damit das Porträt eines Mannes, der nicht mit dem Kopf,
sondern eben mit seinem Unterleib denkt. Zugleich wird aber auch
deutlich, wer oft hinter einem solchen Protagonisten steckt: ein veritabler Schlappschwanz nämlich.
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