Hätte Dan Brown seine Erfolgsromane früher (bereits
vor 1994) geschrieben, könnte man das Gemeinschaftswerk von Fruttero & Lucentini
glatt als Parodie auf dessen Mystery-Thriller verstehen. Während Robert Langdon
bei Dan Brown dem Heiligen Gral oder den Illuminaten nachjagt, geht es bei beim
italienischen Krimi-Duo um nichts geringeres als um den Sinn des Lebens.
In Europa ist eine "metaphysische Krise"
im Ausbruch, welche das gesamte Gesellschaftssystem lahmzulegen droht, wenn
sich kein Sinn des Lebens auffinden lässt. Deshalb werden die beiden
Journalisten Fruttero und Lucentini – die Autoren treten hier selbst als ‘Ermittler’
auf – frühzeitig damit beauftragt, dem Lebenssinn in einem investigativen Einsatz
nachzuforschen und werden dabei von diversen Interessegruppen verfolgt und
beschattet. Ihr Ziel ist Griechenland als mythologische Wiege der Menschheit.
Dort hoffen sie Aufschluss über den Sinn des Lebens.
Stattdessen erleben sie auf ihrer Reise allerhand seltsame
Begegnungen und Begebenheiten, allesamt in grösstmöglicher Überzeichnung. Höhepunkt
ist dabei die beiläufige Abrechnung mit dem Sightseeing-Tourismus. Die
Pauschalurlauber werden von ihren Führern quasi in Geisselhaft genommen und zu
allerhand Extratouren gezwungen. Die drangsalierten Touristen fliehen
scharenweise ins Hinterland, wo sie von ihren Guides verfolgt und wieder
'gefangen' genommen werden. Satirisch nehmen hier Fruttero & Lucentini die Zwänge
und Zumutungen solcher Pauschalangebote zu unterziehen.
Die Suche nach dem Sinn des Lebens mündet
schliesslich vor dem Orakel von Delphi, das natürlich längst auch kommerziell
ausgeschlachtet wird. Allerdings ertragen die wenigsten Touristen das Nosce te ipsum und stürzen sich aus Schock
vor so viel Selbsterkenntnis reihenweise in den Abgrund.
In Delphi treffen die beiden Journalisten zudem auf
eine Sybille, die sich als Reinkarnation von Pythagoras Tochter zu erkennen gibt,
ausserdem hat sie etliche Metempsychosen als Vögel durchlebt. Am Ende entpuppt
sie sich als Eule der Minerva, die – Hegel zitierend – in der Dämmerung zu
ihrem Flug ansetzt. So endet der Roman mit der Einsicht, dass philosophische
Erkenntnis erst im Nachhinein erfolgt. So erschliesst sich auch der Sinn des
Lebens erst in seinem Vollzug (und nicht durch einen orakelhaften Sinnspruch).
Die als "philosophischer Roman" deklarierte Erzählung ist eine kleine intellekturelle Farce mit
viel Klamauk und einem Hang ins Groteske. Für Krimileser zu schräg, für Philosophen
zu doof, aber zur Erheiterung für einen erschöpften Geist gerade richtig.
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