Wie
in Die Verwandlung
so tritt auch in dieser fragmentarisch gebliebenen Erzählung Franz
Kafkas ein ungewöhnliches, surreales Ereignis in den Alltag ein, das
der Protagonist aber mühelos zu akzeptieren scheint. Und dies,
obwohl es einmal in der Erzählung heißt, dass Blumfeld «kein
Phantast» sei. Blumfeld, so der Name des pedantischen,
sauberkeitsliebenden und vereinsamten Beamten in einer Wäschefabrik, entdeckt eines Abends beim Nachhausekommen zwei
«komische Bälle» in seiner Wohnung, die alternierend permanent auf
und ab hüpfen und nicht von Blumfeld weichen. Stets halten sie sich
im Rücken des Junggesellen auf, wie er sich auch dreht und wendet,
er kann ihnen nicht entkommen, als handle es sich etwa um seine
«Lebensbegleiter».
Ähnlich
wie die Verwandlung Gregor Samsas in einen Käfer so sind auch diese
Bälle als psychisch ausgelagerten Seins- resp. Bewusstseinszustand
aufzufassen. Die Bälle treten just in dem Moment in Blumfelds Leben,
als er sich zu wiederholten Malen seiner Einsamkeit bewusst wird und
sich überlegt einen Hund anzuschaffen. Tatsächlich fühlt es sich
für Blumfeld an, «als hätte er einen kleinen Hund», als die Bälle
beim Schlafengehen auf den Teppich unter seinem Bett rollen.
Andererseits erinnern sie ihn auch an «Kinder» und stehen damit
in Bezug, zu den beiden unnützen Praktikanten, die Blumfeld bei der
Arbeit zur Seite gestellt werden und sich wie «Kinder» verhalten.
In
den Bällen als treue Begleiter manifestiert sich sowohl der Wunsch
nach Gesellschaft wie sie auch ein Stresssymptom darstellen,
ausgelöst durch den unmäßigen Betreuungsaufwand, den Blumfeld
seine beiden Praktikanten bereiten. Jedenfalls ist es ihm unangenehm,
mit den Bällen gesehen zu werden, er schämt sich für ihre
Anhänglichkeit und versucht sie loszuwerden, indem er sie in einen
Schrank sperrt und dem zurückgebliebenen Nachbarjungen die
Schlüssel übergibt, um die Bälle zu holen, während er zur Arbeit
geht. Ob dieses Manöver gelingt, bleibt ebenso so offen, wie was es
genau mit den Bällen auf sich hat.
Indem
Blumfeld die Existenz der Bälle schlichtweg akzeptiert anstatt sie zu
hinterfragen, gelangt er nicht zu einer tieferen Selbsterkenntnis.
Die Bälle bleiben Symptom, ohne Diagnose. Nur einmal kurz fühlt
sich Blumfeld durch den «leeren Blick» des Nachbarjungen dazu
verleitet, sich preiszugeben: «Ein solcher leerer Blick macht einen
wehrlos. Er könnte einen dazu verführen, mehr zu sagen, als man
will, nur damit man diese Leere mit Verstand fülle.» In gewisser
Hinsicht steht diese Leere auch für die Leere in Blumfelds Leben,
das allerdings weniger mit Verstand, sondern mit Unverstand in
Gestalt sinnloser Bälle gefüllt wird, die ihm zuerst «Spass» bereiten, ihn aber zusehends auch ärgern und lästig werden.
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